Metallfassade Oberschulzentrum KfZ-Technik Berlin
Fassadensanierung
Aufgrund gravierender bauphysikalischer und konstruktiver Mängel musste die Fassadenbekleidung eines Oberschulzentrums in Berlin komplett saniert werden – im laufenden Betrieb.
Vor mehr als dreißig Jahren wurde die berufliche Bildung in Berlin neu geordnet und verschiedenste Bildungsgänge ab Klasse 11 nach Berufsfeldern in zahlreichen Oberstufenzentren zusammengefasst. Heute gibt es in der Bundeshauptstadt 35 Oberstufenzentren und weitere 18 berufliche Schulen. Die kleinen, vielfach veralteten Standorte wichen weitläufigen und modern ausgestatteten schulischen Großformen mit Werkstätten und Laboren, einer Bibliothek und einer Mediathek. Es entstanden Übungsfirmen und Lernbüros. Für das leibliche Wohl erhielten die Standorte jeweils eine Cafeteria und eine Mensa. In dieser Zeit entstand 1979 auch das Oberschulzentrum (OSZ) Kraftfahrzeugtechnik am Gierkeplatz in Berlin. Als Berufsfachschule, Berufsschule, Fachoberschule und Berufsfachoberschule bereitet das Bildungszentrum den Weg von der dualen Erstausbildung im Kraftfahrzeugbereich bis zur allgemeinen Hochschulreife.
Die damals errichtete Metallfassade aus horizontal gewellten Aluminiumtafeln und gerundeten blauen Fensterprofilen setzte das Gebäude deutlich von seiner Umgebung ab. Aufgrund schwerer konstruktiver und bauphysikalischer Mängel des denkmalgeschützten 1970er-Jahre-Objekts wurde die 2800 m2umfassende Fassadenbekleidung vollständig und energetisch saniert. Hierbei entschied sich der Bauherr für ein Sanierungskonzept der Architekten Huber und Staudt aus Berlin. Dies sah eine vorgehängte, wärmegedämmte und hinterlüftete Fassadenkonstruktion mit horizontal geschichteten U-förmigen Aluminiumlamellen vor. Variierende Höhen und Ausrichtungen der Lamellen in einem hellen Bronzeton betonen die Dynamik des Gebäudevolumens. Die Fensterbänder in einem dunklen Bronzeton verspringen etwa 150 mm nach innen. Hiermit erzielten die Planer eine zeitgemäße Architektur, ohne den Bezug zur Ursprungsfassung aufzugeben.
Die Bauaufgabe
Gründe für die notwendige Sanierung waren eine unzureichende, nach heutigen Maßstäben nahezu wirkungslose Dämmung der Außenwände sowie Korrosionsschäden an den Stahlbetonwänden. So bestand die alte Fassadendämmung lediglich aus Holzwolle-Leichtbauplatten mit einer etwa 30 mm dicken Dämmschicht aus Schaumpolystyrol. Die Wände wiesen eine zu geringe Betondeckung der Armierung aus Stahlgittern auf – teilweise lagen die Gitter frei und waren bereits stark korrodiert. Auch die zu dicht unterhalb der Betonoberfläche liegende Armierung korrodierte und führte in einigen Wandbereichen zum Abplatzen des Betons. Zudem bestand die Gefahr, dass sich die Korrosionsschäden negativ auf die statischen Anforderungen der Wandkonstruktion auswirken. Im Zuge einer energetischen Sanierung nach EnEV-Standard mussten auch alle Fenster ausgetauscht werden. Aufgabe war es nun, zunächst die alte Fassade zurückzubauen und eine umfassende Betonsanierung durchzuführen. Ein Spezialunternehmen legte korrodierte Stahlarmierungen frei, entrostete sie per Sandstrahlgerät und trug einen Schutzanstrich auf. Abschließend musste die notwendige Betondeckschicht aufgebracht werden, um weitere Korrosionsschäden auszuschließen. Erst danach konnte mit den Arbeiten für die neue Metallfassade begonnen werden. Den Auftrag hierfür erhielt die Firma BOEHME® SYSTEMS GmbH aus Boxdorf bei Dresden. Das Unternehmen wurde 1984 von Holm Böhme gegründet und fertigt heute neben historischen Bauornamenten noch Schindeln, Rauten sowie moderne variable Fassadensysteme in der eigenen Produktionsstätte. Somit war BOEHME® SYSTEMS in der Lage, die individuellen Ansprüche des Architekten an die Gestaltung dieser Fassadenkonstruktion umzusetzen. Bei komplexen Bauvorhaben dieser Art, ob In- oder Ausland, arbeitet Holm Böhme seit vielen Jahren erfolgreich mit dem Bauingenieurbüro Andreas Dähn aus Dresden zusammen. Auch bei diesem Projekt war Dähn für die gesamte Werkplanung und Vorbereitung zur Fertigung sowie für die Baustellenkoordination in der zweijährigen Bauzeit zuständig.
Unsichtbar befestigen
An diesem Projekt gab es für Andreas Dähn gleich mehrere Herausforderungen zu bewältigen. „Aufgrund der damals sehr nachlässigen Bauweise bei der Erstellung des Rohbaus entstanden neben der zu geringen Betondeckung auch enorme Maßtoleranzen. Bis zu 150 mm Abweichungen bei Bauteillängen von etwa zwanzig Metern mussten wir innerhalb der Fassadenkonstruktion ausgleichen. Man konnte teilweise die Schubkarrenschüttung und die anschließende schöpferische Pause des Betonierers erkennen. Aufgrund der komplexen verschachtelten Fassadenflächen mit zahlreichen Innen- und Außenecken und Rundungen war zudem die Planung der Fest- und Gleitpunkte der Bauteile sehr anspruchsvoll. Sowohl Bauwerks- als auch temperaturbedingte Dehnungsbewegungen mussten schadlos und geräuschlos ablaufen. Das unterschiedliche Dehnungsverhalten bei geraden und bei gerundeten Flächen war ein weiterer Faktor, den es zu berücksichtigen galt“, erklärt Dähn.
Die Fassadenkonstruktion besteht im Prinzip aus vier Teilen:
- aus Fest- und Gleitpunkten,
- der Dämmung, 160 mm, einseitig kaschiert, hydrophobiert,
- den Bolzenhaltern, und
- den Fassadenelementen.
Die Fassadenelemente wurden in Modulbauweise konstruiert und in Abmessungen von etwa 4,00 × 2,50 m in Werkstattarbeit gefertigt. Die einzelnen Module bestehen aus drei bis sechs Tragprofilen, die mit durchschnittlich vierzig einzelnen Profilen bestückt sind. Da weder Nieten, Schrauben, Hafter oder Halterungen in der Fläche sichtbar sein durften, entwickelte BOEHME® SYSTEMS für dieses Projekt ein Klicksystem, mit dem die einzelnen Profile einfach aufgesteckt werden.
Das Bauvorhaben gliederten die Architekten in sieben Bauabschnitte, wobei die Teile des zweiten und vierten Bauabschnitts mit unterschiedlichen Radien rund gestaltet sind. Die Anordnung/Aufteilung der Profile sollte vom ersten bis zum letzen Bauabschnitt um den gesamten Baukörper geführt werden. Um Fenster oder sonstige Durchdringungen optisch und technisch fachgerecht in die Fassadenflächen einbinden zu können, erfolgte die Aufteilung der horizontalen Fassadenelemente im Wilden Verband. Dieses Bekleidungsmuster zeichnet sich durch variable Rasterung aus. „Orientierungspunkte bei der Aufteilung waren die Höhenabstände zwischen Fensterbank und Fenstersturz sowie die Etagendeckenhöhe. Dabei kamen verschiedene Deckmaße mit 50, 70, 90 und 110 mm zum Einsatz. Vier verschiedene Fensterebenen und dazu zahlreiche Fenstergrößen machten es uns jedoch nicht leicht, das horizontale Fugenbild über eine Länge von etwa 300 m vom ersten bis zum siebten Bauabschnitt durchzuhalten. Um die Dehnungsbewegungen der Bekleidungselemente zu ermöglichen, ordneten wir fünf bis sieben Millimeter breite vertikale Stoßfugen zwischen den Fassadenmodulen an. An den horizontalen Stößen sind die Aluminiumprofile einfach überdeckt. Somit erzielten wir, bis auf die sehr unauffällig gestalteten vertikalen Dehnungsfugen, eine optisch nahezu geschlossene Fläche ohne die Dehnungs- und Bauwerksbewegungen zu beeinträchtigen“, erklärt Andreas Dähn.
Nach der Demontage der alten Fassadenkonstruktion und der aufwendigen Betonsanierung führte Andreas Dähn das ingenieurtechnische Aufmaß der Fassade durch. Dies bildete die Grundlage für die erforderlichen statischen Berechnungen mit der Festlegung der Gleit- und Festpunkte, für die Abmessungen der Fassadenmodule und Aluminiumprofile und somit auch für die Anordnung der vertikalen Dehnungsfugen. Da die Sanierung in Bauabschnitten durchgeführt wurde, erfolgte diese Planung gleitend. So musste für die abschnittsweise Freigabe der Unterkonstruktion und Modulaufteilung jeweils ein entsprechendes Zeitfenster mit eingeplant werden.
Lasern, fertigen, montieren
Entscheidend für die sichere Funktion der Fassadenkonstruktion war das exakte Setzen der Fest- und Gleitpunkte nach den Planungsunterlagen. Nach der anschließenden Montage der kaschierten Dämmung und der Bolzenhalterungen erfolgte ein wiederholtes Aufmaß für die Planung und Fertigung der einzelnen Module. Hierfür war das Lasergerät ständig im Einsatz. Sämtliche Module stellte BOEHME® SYSTEMS in der eigenen, professionell ausgerüsteten Produktionsstätte aus Coil- und Tafelmaterial her. Verantwortlich für die fachgerechte Fertigung und Montage vor Ort war Vorarbeiter Roland Töpfer. „Um ein aufwendiges und schadenträchtiges Zwischenlagern auf der Baustelle zu vermeiden, transportierten wir sämtliche Module erst dann zur Baustelle, als alle Vorbereitungen zur reibungslosen Montage getroffen waren. Die Bausituation erforderte, dass die Module per Hand zum Einbauort geschafft werden mussten. Die Montage selbst verlief aufgrund der präzisen Vorarbeit jedoch völlig problemlos - einhängen, verankern, fertig. Die halbtransparenten Module für den Eingangsbereich fertigten wir mit der halben Anzahl Aluminiumprofilen. So montierten wir lediglich jedes zweite Profil. Um die notwendige Stabilität zu erzielen, verwendeten wir hierfür drei Millimeter dickes Aluminiumblech“, schildert Roland Töpfer den Bauablauf.
Da die gesamte Sanierungsmaßnahme im laufenden Schulbetrieb durchgeführt wurde, mussten sich alle Handwerksfirmen an festgelegte Bohrzeiten halten. Uneingeschränktes Arbeiten war nur in den Pausen ab 15 Uhr und in den Ferien möglich. „Auf die festgelegten Bohrzeiten hatten wir uns eingestellt. Die sehr aufwendige Betonsanierung hatte jedoch zur Folge, dass wir die Fassade nicht umlaufend, sondern einige Bauteile nur alleinstehend bearbeiten konnten. Dies erforderte einen enormen messtechnischen Zusatzaufwand, sodass sich die Bauzeit auch deutlich verlängerte. Am Ende konnten wir dem Bauherrn in Zusammenarbeit mit Architekturbüro Huber und Staudt dennoch eine architektonisch einzigartige und technisch ausgefeilte Fassadenbekleidung liefern“, resümiert Andreas Dähn.
Klaus Siepenkort/Andreas Dähn
Bautafel
Projekt: Metallfassade des Oberschulzentrums (OSZ) Kraftfahrzeugtechnik Berlin
Bauherr: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin (www.stadtentwicklung.berlin.de)
Projektsteuerung: Schäfer Architekten Ingenieurgesellschaft, Berlin
Architekt/Bauleitung: Huber Staudt Architekten BDA, Berlin (www.huberstaudtarchitekten.de)
Klempner-Fachbetrieb: BOEHME® SYSTEMS GmbH, Boxdorf (www.boehme-systems.com)
Fassaden-Werkplanung: Bauingenieurbüro Andreas Dähn, Dresden
Fassadensystem: Vorgehängte, hinterlüftete, wärmegedämmte Fassadenbekleidung
Fabrikat: BOEHME® SYSTEMS Steckpaneele, Typ Profil Linear U
Bekleidungsmaterial: Eloxierte Aluminiumprofile 1 u. 3 mm, Farbton C 32 (Euras Norm), ca. 25 t
Wärmedämmung: 160 mm kaschierte und hydrophobierte Mineralfaserdämmung